Die Liste der Bücher, die ich noch lesen möchte, ist lang. Ellenlang, um genau zu sein. Und die Zeit zum Lesen ist, selbstredend, stets zu knapp. Klar. Irgendwas gibt es schließlich immer zu tun. Und wenn man mal einen Moment hat, um die Beine hoch zu legen, hat man den Kopf nicht frei oder ist so müde, dass man spätestens nach der Lektüre der dritten Seite eingeschlafen ist. Möp. So trägt es sich bei mir in der Regel zu. Aufgrund dessen wurden bereits diverse Pläne ausgetüftelt, um die Lesezeit zu optimieren und somit besagte Liste Stück für Stück abzuarbeiten. Doch Pustekuchen. Sie wird länger und länger, anstatt ihren Umfang zu reduzieren. Ist ja auch irgendwie logisch. Mit neu gewonnenem Wissen und Erfahrungen wächst die Neugierde und auch der (Bücher-)Horizont. Ihr versteht schon, was ich meine. Oder?
Von dem Gedanken, sich irgendwann entspannt zurücklehnen zu können ob der Tatsache, dass man endlich alle Bücher geschafft hat, sollte man sich also lieber früher als später verabschieden. Das wäre ja auch schrecklich, ehrlich gesagt. Ich habe mich getrost damit angefreundet, dass auf ein gelesenes Buch im Schnitt drei neue zu lesende hinzu kommen. Immerhin ein Garant dafür, dass es nicht langweilig wird und dass das Bücherregal immer wieder aufs Neue sortiert und arrangiert werden kann! Auch schön.
Was ich liebte von Siri Hustvedt ist eines der Bücher, das schon lange auf meiner Liste stand. Jetzt habe ich es endlich gelesen!
Handlungsort ist New York City, genauer gesagt Soho, im Jahr 1975. Das Gerüst der Handlung bilden zwei befreundete, übereinander wohnende New Yorker Familien. Da hätten wir auf der einen Seite Leo und Erica, die Intellektuellenfamilie. Er Kunsthistoriker, sie Anglistin. Leo ist der Erzähler und schildert aus der Rückschau, 25 Jahre später, dem Leser die Vorkommnisse. Auf der anderen Seite ist da Bill, der Maler, mit seiner Frau Lucille, der Dichterin. Die Künstlerfamilie. Das Leben beider greift im Laufe der Handlung immer mehr ineinander, verflechtet und bedingt sich zunehmend. Beide repräsentieren das intellektuelle Künstlermilieu Manhattans.
Was vielleicht auf den ersten Blick nicht nach dem spannendsten Plot aller Zeiten klingt, ist es letztlich doch. Denn, ebenso vielschichtig wie das Leben sind auch die Geschehnisse dieses Romans. In Was ich liebte geht es um den Kummer des Lebens, um Lebensnöte, um Liebe, Sex, Trennung, Kinder, Tod, Freundschaft, Verzweiflung, Drogen, Verbrechen, die Kunst und die Rolle des Künstlers im eigenen Kunstwerk. Schlussendlich um die alles umfassende Frage: Wer bin ich? Und wie bin ich dazu geworden? Durch die Menschen, die ich geliebt habe!?
Neben den Ereignissen dieses Romans, die einen wahrlich anrühren und zum Nachdenken anstoßen, ist dieses Buch ein großer Lesegenuss aufgrund der erzählerischen Begabung der Autorin. Siri Hustvedt ist eine Wortkünstlerin sondergleichen, die es mit einer Leichtigkeit und Subtilität, mit einer Schlichtheit in ihrer Sprache versteht, die existentiellen Gefühle eines Jeden diskret auf den Punkt zu bringen. Keine Sensationsgier, keine Effekthascherei. Nur klare, schnörkellose Worte, die keiner Erklärung bedürfen. Was ich liebte ist ein schlauer Roman mit hohem Identifikationspotenzial & ein wahrer Lesetipp!